Tim Otto Roth
"I see what I see not"Neue Akzente setzt Tim Otto Roth an der Kunstfassade im Winterzyklus 2003/04. Er verwandelt den öffentlichen Raum in eine Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft. Mit Extremsichten aus der Astronomie und der Elementarteilchenphysik wird der Betrachter sowohl an die Ränder des Kosmos als auch an die pixeligen Grenzen der technischen Wahrnehmbarkeit geführt „ein schönes Spiel über die autonome Weiterentwicklung der konstruktiven Kunst mit physikalischen Mitteln“ (Süddeutsche Zeitung).
Sind 10 mal 10 Pixel ein Bild?
Die Kunstfassade besteht aus einem Feld von knapp 10 mal 10 Pixeln. Gemeinhin mißt man einer solchen Minimalgraphik einen äußerst geringen ästhetischen und erkenntnismäßigen Wert bei.
Kosmologische Matrix
Kaum vorstellbar, daß kosmologische Fragen auf einer solchen Matrix entschieden werden können. Für einen Astronomen oder einen Elementarteilchenphysiker kann aber so ein kleines Feld bereits entscheidende Informationen enthalten. Der Blick der Astronomen bis an die Entstehungsgründe des Universums versucht pixelweise dem Weltall Bildinformationen abzuringen. Mit einem ungemein hohen technischen Aufwand wird dabei jede kleinste Lichtinformation gesammelt.
Oszillieren zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit
Dieser Kampf um die Pixel ist zugleich ein Spiel mit den Grenzen zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Zum einen erfaßt der Blick in den Himmel widmet die Strahlen jenseits des sichtbaren Spektrums. Zum anderen ist es nicht zu vermeiden, daß in dem hochtechnisierten Bildgewinnungsprozeß die bildgebende Verfahren auch Spuren hinterlassen können. Die gewonnenen Pixel repräsentieren also nicht nur die Grenzen der technischen Instrumente sondern auch den Versuch, sich über diese physikalischen Grenzen hinwegzusetzen.
Dieser Aspekt des Oszillierens zwischen Unsichtbarkeit und Sichtbarkeit bestimmt auch die Auswahl der folgenden Bildbeispiele von "Objekten", die mit unterschiedlichen elektromagnetischen Spektren durch teils verschiedene Teleskoparten bzw. Teilchenbeschleunigern aufgenommen und weiterverarbeitet wurden.
Tiefe
Die Steuerung der Kunstfassade über das Internet biete in diesem Kontext interessante Möglichkeiten. Kooperationen mit führenden Observatorien und Forschungseinrichtungen ermöglichen es, aktuelle Bilder von einem Observatorium an die Kunstfassade zu übertragen. Die Fassade wird somit zu einem Fenster, durch das man auf menschen-, bzw. maschinenmögliche Weise am tiefsten ins Universum blicken kann- ein kosmologisches Fenster, durch das man bis zu 13,5 Milliarden Lichtjahre zurückblickt in die Entstehungsgründe des Alls.
Ferne und Nähe
Das Projekt möchte die Grenzen der technisch unterstützten Sichtbarkeit untersuchen. Der Blick an den Rand der technisch erfaßbaren Raumzeit soll aber nicht nur mit terrestrischen und satellitengestützten Teleskopen in die Ferne schweifen, sondern auch in umgekehrter Richtung in die subatomaren Sphären der Elemantarteilchenphysik dringen und die Bilder des Alls mit jüngsten Kollisionsbildern aus den Teilchenbeschleunigern konfrontieren.
Schauen Sie einen Clip zum letzten Zyklus an: 9.8 MB, QT mov
Was man (hier) siehtTeilchencrash
Im März wird die Kunstfassade zu einem Fenster zu den Experimenten des Tevatrons der Fermilabs/USA, bei dem mit 0,9999996facher Lichtgeschwindigkeit Protonen und Antiprotonen miteinander kollidieren. ... mehr
Kosmisches Erröten
Der Farbtrend des Kosmos hat sich über die Milliarden Jahre weg verändert. Anfangs leuchtete das Universum mehrheitlich blau. Ob die Farbe sich ins Türkis, Beige oder Rötliche verschiebt, darüber streiten sich nicht nur Astronomen sondern auch Farbphysiologen. ... mehr
Der Weihnachtsstern
Weder ein Komet noch ein Supernova soll der Stern der Weisen gewesen sein. ... mehr
Kosmische Fatamorgana
Masserreiche Objekte können wie eine Linse wirken. Dahintergelegene, eigentlich verdeckte Objekte werden durch diese Gravitationslinsen erst sichtbar. Jüngst wurde so die heißeste Sternentstehungsregion entdeckt. ... mehr
Entdeckung des "schweren Lichts"
Ein Meilenstein in der Elementarteilchenphysik bildet die Entdeckung des W- und Z-Bosons. Physikern am CERN gelang es Bedingungen herzustellen, die lediglich 10 Microsekunden nach dem Urknall herrschten. ... mehr (extern)
Lockman-Hole (Röntgen)
Rosat
Dieses ROSAT Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem Lockman-Hole bezeichneten Himmelsausschnitt im Sternbild großer Bär, der insgesamt 53 Stunden "belichtet" wurde. Es ist die bislang tiefste Röntgenaufnahme des Himmels. ... mehr
Crab Pulsar NP 0532
Pulsierender Neutronenstern im Crabnebel
Der Crab-Pulsar im Krebsnebel im Stier ist ein Supernovaüberrest, der von Chinesen datierten Supernova im Jahre 1054, die damals mehrere Wochen oder sogar Monate mit fast blossem Auge sichtbar gewesen ist. ... mehr
Der schärfste Blick ins All - VLTI (very large telescope interferometer)
Achernar
Das "Very Large Telescope Interferometer" wird in Zukunft die Bilder von bis zu 4 Teleskopen überlagern können. Diese Verschaltung von mehreren Teleskopen ermöglicht eine Art virtuelles Superteleskop. ... mehr
Blick an den Rand - die kosmische Hintergrundstrahlung
Wilkinson Microwave Anisotropy Probe Blick zurück 379.000 Jahre nach dem Urknall: Aufnahmen der kosmischen Hintergrundstrahlung durch das WMAP. Die unterschiedlichen Farben indizieren Temperaturschwankungen von 200-millionstel Grad. ... mehr
Blick in die subatomaren Sphären
Star Collider, Brookhaven National Laboratory
Ansicht einer der ersten Vollenergiekollisionen von Goldionen, aufgenommen durch den "Solenoidal Tracker At RHIC" (STAR). ... mehr
Die Grenzen erforschen
Verwackelte Bilder nun ganz scharf, der Doppelstern GJ263 - eines der ersten Bilder der adaptiven Optik auf dem Cerro Paranal. ... mehr
Die Deep Fields
Die "Deep Fields" sind langzeitbelichtete Aufnahmen von Himmelsregionen, in denen mit bloßem Auge nichts zu sehen ist. ... mehr
Redshift 6.4 Quasar
Der rote Punkt in diesem Bild ist der am weitesten entfernte Quasar, der jemals entdeckt wurde (Oktober 2003). ... mehr
Die fernste "Hypernova"
Eine sehr junge Entdeckung sind die sogenannten "Gamma Ray Bursts". Nahezu täglich flammt irgendwo am Himmel ein "Gamma Ray Burst" auf. ... mehr
|